Plattenkritik: Andreas Tilliander & Goran Kajfeš – In Cmin (Kontra-Musik)Globalmusikalische Ansage
17.4.2025 • Sounds – Text: Thaddeus Herrmann
Die beiden Schweden Andreas Tilliander und Goran Kajfeš verweben auf ihrem gemeinsamen Debüt elektronische Soundscapes mit Jazz-Trompete.
Der Schwede Andreas Tilliander kann auf einen langen Werdegang in der elektronischen Musik zurückblicken. Seit dem Ende der 1990er-Jahre veröffentlicht er Alben und 12“s, standesgemäß nicht nur unter seinem eigenen Namen. Man kennt ihn auch als Mokira, Acid Lindgren und – in der jüngeren Vergangenheit – vor allem als TM404, was man sich als Ein-Personen-Orchester mit diversen 303s vorstellen kann. Ich bin mir sicher, dass das, was er regelmäßig veröffentlicht und musikalisch ohnehin schon sehr divers ist und klingt, nur einen Bruchteil dessen abbildet, woran er arbeitet. Ein Hinweis, der diese Vermutung bestätigt, ist sein neues Album, das er mit dem Trompeter Goran Kajfeš aufgenommen hat.
Das klingt nach einem kleinen Gipfeltreffen zweier Welten – Elektronik und Jazz –, und das ist es auch. Denn Kajfeš genießt in diesen Sphären durchaus Legendenstatus. Seine spielerische und kompositorische Kreativität haben Bands und Projekte wie Oddjob, Subtropic Arkestra, Tropiques, Nacka Forum und Fire! Orchestra geprägt. Und wir alle Techno-Auskennenden wissen, sind Elektronik und Jazz ja ohnehin mindestens seelenverwandt, die Einflüsse liegen zeit Jahrzehnten auf der Hand und dem Plattenteller: Für die Freiheit sind alle musikalischen Mittel recht.
Nun ist „In Cmin“ natürlich kein Techno-Album. Wer Bassdrums sucht, wird nicht fündig. Tatsächlich sind die acht Kompositionen, die aus langen gemeinsamen Improvisationen und Studio-Sessions entstanden sind, aber auch nicht per se Ambient. Dafür sind die beiden Sound-Entwürfe der Musiker dann doch zu einzigartig, verschroben und im besten Sinne des Wortes ambitioniert – eine globalmusikalische Ansage. Kajfeš’ Trompetenspiel entfaltet sich auf den Soundscapes von Tilliander, die wiederum in ihrer bewussten Reduktion erst durch die Trompete griffige Oberfläche erlangen. So entsteht eine hohe musikalische Luftfeuchtigkeit, die zwar mit Referenzen beider Lager spielt, sich aber nicht als Selbstzweck genügt, sondern vielmehr als Startrampe fungiert, als Ausgangspunkt einer Reise un unbekannte Gefilde. genau wie Tilliander seinen Synths auf diesem Album immer mehr die wie auch immer geartete klangliche Vertrautheit entzieht, betritt auch Kajfeš sonisches Neuland und spielt neben der Trompete auch eine Metallflöte, die er im Nachlass seines Vaters entdeckt hat.
„In Cmin“ ist nicht Musik aus einer anderen Welt. Das wäre viel zu einfach. Es ist ein Vorschlag, wie die Welt – unsere Welt – auch klingen könnte.